Reisetagebuch - LONGO Out of Office
Eine Woche out of office in den Marken
Was haben wir eine Woche in den Marken gemacht und was hat es mit diesem "working remote" auf sich?
Sechs Tage, fünf Kollegen, ein Haus. Eine Woche lang haben wir "out-of-office" gearbeitet. Wie das ablief und was wir rückblickend über das Arbeiten von woanders aus denken.
Montag, 23.05.2022
Start.
Der Kofferraum wird mit Mac, PC, ganz vielen Kabeln, Koffern, Kisten, Yogamatten und Fahrrädern bepackt. Es kann losgehen. 4 Stunden 30 Minuten Fahrt liegen vor uns. Judith, Philipp, Mara, Benni und ich machen uns auf die Reise. Ein Haus in den Marken ist unser Ziel.
Judith ist Verkaufsleiterin und leitet die Kreativagentur, wenn ich sage, dass Rennradfahren zu ihren Hobbies gehört, ist das wohl untertrieben. Philipp ist Kalkulationsmitarbeiter, er hat Wissen und Interessen in den verschiedensten Bereichen und macht seit einigen Monaten mit Mara und mir Yoga, immer Donnerstag-Abend nach der Arbeit, oben im Sitzungssaal. Mara ist Grafikerin und der kreative Kopf unter uns. Benni macht sich immer mehr mit dem Vertrieb vertraut und erstellt fleißig Angebote, er ist ein echter Foodie – mag es allerdings lieber bekocht zu werden, als selber zu kochen. Zum Schluss bin da noch ich, Maya, ich bin im Marketing und habe die kleine Gruppe zum Donnerstags-Yoga motivieren können, ich liebe Kunst und Bücher.
Uns 5 wurde angeboten, in den Süden zu reisen und von dort aus für eine Woche Home-Office zu machen. „Home“-Office, Out-of-Office, Working-Remote: seit dem Beginn von Corona kann wohl kaum mehr jemand behaupten, dass er diese Begriffe nicht kennt. Und dennoch, wir sind in einer Druckerei, die eine Werbeagentur beinhaltet, tätig; von Zuhause oder „remote“ arbeiten, ist bei uns noch nicht so richtig etabliert. Das hängt natürlich auch damit zusammen, dass wir ein kreativer Produktionsbetrieb sind. Die Produktion findet vor Ort statt und so „cool“ eine Werbeagentur auch sein mag, kreativ ist man meistens im Team und ein Team funktioniert nun mal am besten vor Ort. Es gibt einzelne Mitarbeiter, die ab und an von Zuhause arbeiten, aber die Regel ist es in unserer Branche bestimmt noch nicht.
Trotzdem, wir haben die Chance ergriffen und zugesagt. Eine Woche in den Marken arbeiten, das wollten wir uns nicht entgehen lassen. Wir haben unsere Computer und Koffer gepackt und haben uns auf den Weg gemacht. Sechs Tage, fünf Kollegen, ein Haus. Das kann ja heiter werden.
Montag-Mittag ging es los. Nicht nur mit der Reise, sondern auch mit den Kommentaren: „viel Spaß im Urlaub“. Montag-Abend sind wir angekommen, die erste Amtshandlung war ausladen und alles sicher an seinen Platz zu bringen. Dann ging es schnell zum Supermarkt. Nach einem erfolgreichen Einkauf wurde dann erstmal… nicht gekocht, sondern der Arbeitsplatz für die nächsten Tage vorbereitet. Sobald sich alle eingerichtet hatten, wurde dann aber endlich zusammen geschlemmt.
Dienstag, 24.05.2022
06.00 Uhr klingelt der Wecker im LONGO-Out-of-Office-Haus. Alle sind hoch motiviert. Judith und Benni schwingen sich aufs Fahrrad, Philipp bringt seinen Kreislauf mit einem Spaziergang in Schwung und Mara und ich haben unsere Yogamatten ausgebreitet.
07.15 Uhr ist Treffpunkt in der Küche. Philipp bereitet das Frühstück vor. Wir frühstücken gemeinsam und pünktlich um 08.00 Uhr geht es mit der Arbeit los.
Um 10.00 Uhr meldet sich Mara freiwillig der Truppe Kaffee zu kochen. 10.00 Uhr ist immerhin etablierte Kaffee-zeit bei LONGO.
Um 12.00 wird gekocht. Nudel mit Pesto stehen auf dem Speiseplan. Nach dem gemeinsamen Essen wird natürlich kurz unten in der Sonne gechillt. Das Wetter ist fantastisch. Wir genießen die Sonnenstrahlen, die Landschaft, die Olivenbäume, die Ruhe.
Etwas später als normalerweise, um 13.30 Uhr kehren wir an unsere Arbeitsinsel zurück. Jeder macht sein Ding und dennoch können wir uns gegenseitig gut weiterhelfen. Eigentlich alles wie sonst auch. Der einzige Unterschied: wir telefonieren mit manchen unserer Kollegen, anstatt nach unten oder in den Raum nebenan zu gehen. UND: bei jedem Telefonat werden wir gefragt, ob der Cocktail schmeckt oder ob wir bereits einen Sonnenbrand haben. Wie gesagt, Home-Office, aber vor allem Out-of-Office ist in unserer Branche und besonders auch bei uns, LONGO noch nicht so richtig angekommen. Wenn wir auch innovativ sind und in die Zukunft schauen, technische Neuerungen beobachten und einfügen, so sind wir in diesem Bereich noch nicht so ganz „up-to-date“. Home-Office bedeutet bei uns offensichtlich „Urlaub“.
Um 15:30 Uhr macht Judith nochmal Kaffee für die Truppe. Gemeinsam schlürfen wir Kaffee und tauschen uns kurz aus. Dann geht’s wieder zurück an die PCs bis ca. 17.30 Uhr. Dann beginnt der wirkliche Urlaub. Wir gehen vors Haus, Judith legt sich mit Strandhut in den schon etwas mitgenommenen Liegestuhl und liest die ff, Benni lässt sich in sein Handtuch sinken und schließt seine Äuglein und, wie könnte es anders sein, wir restlichen drei Yogis machen noch eine kurze 15 Minuten Session.
Gegen 19.30 Uhr packen wir unsere sieben Sachen und wandern nach oben. Philipp übernimmt das Ruder und wir helfen alle mit. Es gibt Salate, Aufschnitt, Brot und Bier. Wir lachen, quatschen und essen.
Ganz brav gehen wir gegen 22.00 Uhr ins Bett. Mara und ich besprechen noch das vergangene Wochenende und lesen ein bisschen und knipsen dann das Licht aus.
Die kommenden Tage verlaufen ähnlich. Am Mittwoch gings abends an den Strand und es gab am „Chioschetto“ frischen Fisch – pesce fritto als Antipasto, Gnocchi mit Vongole und Cozze als Hauptspeise und dazu bei Philipp einen Margaritha, bei Benni einen Vino bianco della casa und bei uns Mädels einen Aperol Spritz. Natürlich haben wir uns für den Strand ausgerechnet den Tag mit am wenigsten Sonne ausgesucht. Trotzdem konnten wir den Sonnenuntergang genießen und dann gegen Abend zurück in unsere Home-Office Villa tuckern.
Sechs Tage, fünf Kollegen, ein Haus.
Es gab keinen Streit und wir waren produktiv – teilweise produktiver als sonst. Irgendwie sind wir entweder bei den anderen in Vergessenheit geraten ODER am Montag erwarten uns ganz viele News von Kollegen, die uns im „Urlaub“ nicht stören wollten. Das Telefon klingelte ab und an, aber seltener als sonst. Die Kommunikation auf dem Gang, das schnell mal nachfragen oder das Aufschnappen von Informationen am Kaffeeautomaten ist wichtig. Es geht viel verloren, wenn diese Dinge komplett wegfallen, vor allem, wie schon vorher erwähnt, in einem Produktionsbetrieb.
Viele von uns müssen physisch anwesend sein, „kannst du schnell runter zur 6-Farben-Maschine schauen?“; „weißt du wo die Palette von Kunde X gelandet ist?“; „War das die Farbe, die wir mit dem Kunden besprochen haben?“ – diese Dinge kann man nicht per Zoom, Skype, Teams oder Slack lösen und auch Google Meets hilft da nicht weiter. Manchmal muss man sich einfach face-to-face im echten Leben “meeten”.
Das heißt aber nicht, dass Home-Office grundsätzlich schlecht ist, nicht funktioniert oder Urlaub bedeutet. Man spart sich die Anfahrt ins Büro und hat dadurch automatisch mehr Zeit. Wir sind alle sportlich aktiv, aber kaum jemand macht morgens vor der Arbeit Sport. Das geht, weil wir aufstehen, in die Sportklamotten schlüpfen, an der Arbeitsinsel vorbei, uns den Kaffee abholen, unter die Dusche springen und zack, am Arbeitsplatz sitzen.
2020 waren viele Unternehmen gezwungen ihre Aktivität ins Zuhause der Mitarbeiter zu verlegen, um weiterarbeiten zu können – außer man war, wie wir, systemrelevant und konnte weiter in den Betrieb gehen.
Vor allem für Kreativität ist der persönliche Austausch unabdingbar, wir inspirieren uns gegenseitig. Initiative kann nur entstehen, wenn man Probleme erkennt, und Probleme können nur erkannt werden, wenn man sie sieht. Auf unserer Arbeitsinsel irgendwo im nirgendwo waren wir produktiv, vor allem, weil wir viele Probleme nicht mitbekommen haben. Das ist gut für unsere Effizienz, funktioniert langfristig aber natürlich nicht. Wir können nicht alle immer im Home-Office sein. Mit „wir“ meine ich uns Mitarbeiter von LONGO. Viele Mitarbeiter von Unternehmen wie Microsoft arbeiten zum Großteil nur noch remote. Sie sind unabhängig von ihren Kollegen und wenn sie was brauchen, ist das meist einfach über einen virtuellen Call lösbar. Die Produktivität kann zuhause höher sein, weil weniger Ablenkung da ist, Dinge können abgearbeitet werden. Judith hat nach Ewigkeiten ihr Email-Postfach richtig aufgeräumt. Mit einem Strahlen im Gesicht berichtet sie, dass sie gerade die letzte ungelesene Nachricht beantwortet hat.
Wir schätzen den persönlichen Kontakt und wir sind gerne vor Ort. Besonders während Corona konnte beobachtet werden, dass LONGO-Mitarbeiter gerne ins Büro kommen. Das ist gut. Das bedeutet, dass sich die Leute hier wohlfühlen, dass sie sich gegenseitig gerne sehen, dass sie sich vor Ort produktiv fühlen.
Samstag, 28.05.2022
07.00 Uhr. Wir stehen auf, machen klar Schiff und fahren wie geplant pünktlich um 08.00 Uhr los. Ein letzter gemeinsamer Kaffee mit Brioche auf der Autobahn. „Was werden die Kollegen am Montag wohl sagen?“, diese Frage brennt uns allen auf der Zunge. Wir sagen nichts, lassen den Moment wirken und freuen uns über die vergangene Woche. Zwei-drei Tage länger wäre schon gegangen… aber wir freuen uns auch auf unsere Kollegen, aufs Büro, auf die Begegnungen am Kaffeeautomaten, auf die kurzen Gespräche auf dem Gang, auf die Mittagspause in der Sonne draußen in der Laube bei schönem Wetter.