Kopf aus, Urlaub an: Urlaubsreif
Es ist Sommer. Es ist warm. Der Urlaub ruft.
Bekanntlich ist die Sommerzeit irgendwie auch die klassische Urlaubszeit. Eine Mail nach der anderen trudelt ein „Liebe Kollegen, ich bin von x bis y im Urlaub“.
Auszeit. Erholung. Raus aus dem Büro, rein in den Pool oder rauf auf die Berge.
Jeder muss ab und zu abschalten, runterkommen, einfach entspannen und neue Energie tanken. Bei unserem letzten Aperitivo LONGO meinte Georg „bei meinem letzten Urlaub habe ich mein Handy ganz bewusst im Zimmer gelassen. Ich habe immerhin frei. Meinen Kollegen habe ich gesagt, bei Notfällen sollen sie mir eine WhatsApp Nachricht schreiben. Als ich dann zurück ins Zimmer kam, hatte ich 32 Anrufe in Abwesenheit und 20 ungelesene Nachrichten“.
Ausnahme oder Regel? Das ist die Frage. Jeder bei uns ist ein essenzieller Bestandteil des Unternehmens, jeder hat seine Rolle und dazugehörige Aufgaben, jeder ist wichtig. Ich finde, das ist etwas wirklich Schönes: sich wichtig fühlen. Das bedeutet man wird gebraucht, man hat einen Sinn und Zweck im Unternehmen und das ist doch das, was man sich wünscht. Manchmal kann dieses „gebraucht werden“ aber auch Druck generieren. Es führt dazu, dass man von Kollegen, die im sogenannten „wohlverdienten Urlaub“ sind, regelmäßig Nachrichten bekommt.
Googelt man „abschalten im Urlaub“ erscheinen 4.490.000 Ergebnisse. 4,5 Millionen Ergebnisse. Die ersten Treffer sind „Zu viel Stress? 9 Tipps, um im Urlaub einfach mal abzuschalten“; „Richtig abschalten im Urlaub: 20 Tipps für mehr Erholung“ und so geht es weiter. Wir (LONGO) sind also offensichtlich nicht die Einzigen, sondern es scheint ein etabliertes Phänomen zu sein, dass Menschen Schwierigkeiten haben, alles einfach mal liegen zu lassen. Wir (alle) brauchen offensichtlich Tipps, wie wir am besten abschalten, wobei es doch ganz einfach sein sollte.
Raus aus dem Büro, ab ans Meer oder rauf auf die Berge.
Einfach mal „chillen“. Chillen kann ja wohl kaum die Herausforderung sein?! Doch hier wird die Möglichkeit von Home Office plötzlich zum Problem. Während sich Kollegen bei unserer Woche out-of-office in den Marken über unsere „Urlaubs-Arbeitszeit“ lustig gemacht haben, findet sich im Urlaub das umgekehrte Problem wieder: man kann von überall arbeiten. Das heißt, wir sind alle immer überall erreichbar. Das macht es nicht unbedingt einfacher abzuschalten. Laut einer Studie von SAP Concur arbeiten fast 60 Prozent der Deutschen im Urlaub (Stand 2018). Kurz auf eine Mail antworten oder am Strand schnell eine Telco erledigen, alles kein Problem – rein technisch.
Die Arbeit „zuhause“, oder besser im Büro zu lassen, damit man sich richtig erholen kann, ist anscheinend mittlerweile quasi unmöglich. Im Hinterkopf geistert „was bleibt alles liegen??“; „wie viele ungelesene Mails befinden sich bei meiner Rückkehr im Postfach?“; „geht gerade was schief??“. Es ist verlockend, immer mal wieder im Handy sein Outlook Postfach abzurufen, um nichts zu verpassen oder den Schwall an ungelesenen Nachrichten im Voraus zu vermeiden. Es erscheint uns offensichtlich weniger mühsam, uns im Urlaub mit Problemen direkt auseinanderzusetzen, als einfach abzuschalten und mal „offline“ zu sein. Das führt allerdings dazu, dass wir nicht wirklich abschalten, dass wir Anstrengungen (von denen wir uns in dem Moment eigentlich gerade erholen sollen) mitbekommen und uns damit konfrontieren. Das generiert Stress, Stress im Urlaub. Das klingt nicht nach Entspannung. Laut Michael Sadre Chirazi-Stark, Chefarzt der Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie des Asklepios-Westklinikums Hamburg ist der Urlaub da, um Bedürfnisse zu stillen, die im Alltag auf der Strecke bleiben. So zum Beispiel „einfach mal runterzukommen“.
Georg hat es also (fast) richtig gemacht, er hat sein Handy einfach im Hotelzimmer gelassen. Die verpassten Anrufe und Nachrichten stressen aber trotzdem, sobald er sie sieht.
Unsere Kunden sind uns wichtig und wir lieben was wir. Wie vorher erwähnt, wird jeder einzelne bei LONGO gebraucht und geschätzt und so schätzen wir, LONGO-Mitarbeiter unser Unternehmen, unsere Kunden, unsere Projekte. Leidenschaft ist gut, sie macht es uns allerdings auch umso schwerer, uns für eine Zeit lang auszuklinken.
Auch im Urlaub reagieren wir also auf Anrufe und Mails und sind mit dem Kopf noch zum Teil bei unseren lieben Kollegen. Die Arbeit geht mit auf Reisen, sie begleitet viele von uns. Allerdings nicht wie ein Freund, mit dem man gerne zusammensitzt und ein Bierchen trinkt, sondern eher wie die Schwiegermutter. Im besten Fall kommt man mit ihr klar, aber im Urlaub will man sie dann doch lieber nicht dabeihaben.
Jeder freut sich auf Urlaub und jedem steht sein Urlaub zu. Wichtig ist, diesen auch zu nutzen. Runterkommen und entspannen ist dabei die Devise. Ob Langzeit Urlaub oder verlängertes Wochenende besser ist, darüber sind sich Experten nicht einig. Arbeitspsychologin Carmen Binnewies sagt, egal ob kurz oder lang, es geht darum, wie man die Zeit ohne Arbeit erlebt. Das leuchtet ein. Wenn ich es schaffe, mich nach der Arbeit richtig zu entspannen, egal ob das beim Kochen ist, auf dem Fahrrad oder im Urlaub am Strand, dann ist das gut für mich. Die Entspannung sollte im Vordergrund stehen. Unter den vielen Tipps und Tricks wie man im Urlaub am besten entspannt, wird empfohlen eine Abwesenheitsnotiz einzustellen, im besten Fall zwei Tage länger, um das angefallene abzuarbeiten bevor das normale Pensum wieder losgeht. Außerdem soll am ersten Arbeitstag nicht direkt ein Meeting geplant sein. Ob das die Lösung ist?
Fakt ist, Urlaub hält uns fit und gesund. Kein Witz. Denn „Urlaub hat positive Auswirkungen auf die Gesundheit von Berufstätigen“. Das Risiko für einen Herzinfarkt steigt, wenn man keinen Urlaub macht, man kann schneller krank werden. Die Zeit zum Entspannen sollten wir daher auch wirklich nutzen, uns zurücklehnen und versuchen, den Kopf auszuschalten.
Auch wenn wir alle gebraucht werden und wichtig sind, ist es genauso wichtig, dass wir voll funktionsfähig sind, wenn wir da sind. Dafür müssen wir uns von Zeit zu Zeit erholen und unseren Kollegen vertrauen, dass sie uns auch mal was abnehmen und uns zumindest für kurze Zeit vertreten können.
Warmes Klima, viel Licht und ein nicht zu verplanter Tag sollen besonders gut sein. Also auf zum Vorgesetzen, raus aus dem Büro, Handy aus, ab ans Meer oder rauf auf die Berge.